ROOMHERO: 50 Jahre GOLDBECK Baudienstleistungen und Innovationen — ein Grund zum Feiern, Bilanz zu ziehen, aber auch ein guter Zeitpunkt, um vorauszuschauen. Wiemöchten Sie in Zukunft mit Goldbeck Innovationstreiber bleiben?
Jan-Hendrik Goldbeck: Die Suche nach Innovationen, Neugier und die Lust am Querdenken sind tief in unserer Unternehmens-DN verwurzelt — gepaart mit einer guten Portion ostwestfälischer Sturheit oder Beharrlichkeit. Ideen, die wir für gut halten, verfolgen wir konsequent, auch wenn sie nicht gleich funktionieren. Ideen sind immer Entwicklungsprozesse mit kontinuierlicher Verbesserung wie beim japanischen Kaizen.
ROOMHERO: Sie unterhalten ein Forschungs-Hub im Silicon Valley. Kommen viele Ihrer Ideen von dort?
Jan-Hendrik Goldbeck: Forschung und Innovation gehen Hand in Hand. Im Silicon Valley befinden wir uns inmitten vieler innovativer Unternehmen. Mit einigen von ihnen arbeiten wir eng zusammen: zum Beispiel mit Autodesk, führend bei Bausoftware zum BIM-basierten Bauen. Nähe erleichtert es natürlich, Ideen zu transportieren. Diesen Ideenaustausch betreiben wir genauso mit dem CIFE-Institut in Stanford zur praktischen Anwendung von BIM-Theorien. Wir möchten hier Ideen sammeln: Grundlagenideen, die wir erforschen und prüfen, ob sie für uns nutzbar sind.
ROOMHERO: Es entwickelt sich also alles in eine digitale Richtung?
Jan-Hendrik Goldbeck: Digitales und Realität gehen eine immer engere Verbindung ein. Auch 2019 können wir noch keine Wand wegdigitalisieren, aber die Technologie kann an anderen Stellen enorm unterstützen. In der Trias „Planen, Bauen, Betreiben“ erfordern besonders die ersten beiden Phasen eine enge Zusammenarbeit vieler Menschen. Das ergibt unzählige Schnittstellen, an denen Informationsverlust oder Informationsunklarheit auftreten kann. Digitales schafft mehr Transparenz und Effektivität. Außerdem wird ein anderer Punkt oft vernachlässigt: der Spaß an der Arbeit, der wiederum Ideen und Innovationen fördert. Eine coole App oder Software-Umgebung macht einfach Spaß. Das ist ein wichtiger Faktor, denn moderne Arbeitsumgebungen reichen längst über das Physikalische hinaus weit ins Digitale hinein.
ROOMHERO: Stichwort Arbeitsumgebung — inwiefern baut GOLDBECK modulare Bürogebäude?
Jan-Hendrik Goldbeck: Modulares Bauen wird oft mit Containerbauweise assoziiert. Der GOLDBECK-Ansatz funktioniert anders: Wir sprechen lieber vom systematisierten Bauen mit Fokus auf Elementierung. Wir fertigen möglichst viele Gebäudebestandteile industriell vor. Das vereinfacht die risikoanfällige Baustellensituation enorm. Im magischen Dreieck von Preis, Zeit und Qualität gewinnen wir damit einen Vorsprung. Die industrielle Vorfertigung erzeugt Kostenvorteile und sichert Qualität. Greifen die vielen Rädchen auf einer Baustelle dann präziser ineinander, erreichen wir auch kürzere Bauzeiten.
ROOMHERO: Machen solche Vorteile das systematisierte Bauen zur Bauweise der Zukunft?
Jan-Hendrik Goldbeck: Es wird immer verschiedene Bauweisen geben, die sich je nach Situation oder Kundenwunsch anbieten. Mit dem systematisierten Bauen punkten wir vor allem bei einer pragmatischen Annäherung mit ästhetischem Anspruch. Wie beim LEGO entstehen dann aus festen Bauteilen immer neue Formen. Parkhaus, Halle oder Büro: Unser Ziel sind schöne, ästhetische Gebäude mit architektonischem Anspruch, denen man die Systematisierung der Bautechnologie nicht ansieht. Das unterscheidet uns schließlich weiter vom Modulbau, wo ein Barbie-Haus immer ein Barbie-Haus bleibt. Ein LEGO-Haus kann aber genauso zum Raumschiff werden.
ROOMHERO: Wie weit kann diese Planung denn die Inneneinrichtung und Bürogestaltung schon beim Bau des Gebäudes mitdenken?
Jan-Hendrik Goldbeck: Moderne Bürowelten sind Landschaften mit vielen offenen Interaktionsflächen. Die Philosophie des Arbeitens kann sehr gut in Gebäudeplanungen einfließen, wenn man das Gesamtkonzept frühzeitig darauf ausrichtet und ganzheitlich inklusive Innenarchitektur denkt. Die heutigen technologischen Möglichkeiten erlauben uns das.
ROOMHERO: Wie funktioniert denn systematisierte Büroeinrichtung?
Jan-Hendrik Goldbeck: Anfangs diskutieren wir mit Kunden grundsätzliche Raumkonzepte. In einer virtuellen Bürowelt können sie diese gleich erleben und weiter gestalten. Ein echter Showroom zeigt dazu alle möglichen Materialien. Das macht den Kunden Spaß und gibt ihnen das gute Gefühl, dass der Bau genau in die gewünschte Richtung geht. Hier liegt noch viel Potenzial. Künstliche Intelligenz wird eines Tages Kundenwünsche in präzise passende architektonische Aussagen oder Gestaltungsvorschläge übersetzen können. Das ist eine weitere Steigerung des Systematisierens, die gleichzeitig hoch individualisiert sein kann.
ROOMHERO: Mehr zu BIM. Sie arbeiten viel mit diesen Modellen?
Jan-Hendrik Goldbeck: BIM ist unser Standardvorgehen. Alle unsere Architekten und Ingenieure planen in einem Modell. An bestimmten Punkten im Planungsprozess erzeugen wir dann eine VR-Darstellung, die alles detailliert veranschaulicht.
ROOMHERO: Was ist für GOLDBECK beim Büro der Zukunft wichtig?
Jan-Hendrik Goldbeck: Wir müssen gesamt-gesellschaftliche Herausforderungen wie Nachhaltigkeit abbilden, Antworten haben, Lösungen präsentieren und Vordenker sein. Dazu muss sich der Mensch im Büro der Zukunft wohlfühlen. Deswegen ist der Kontakt zu den Nutzern — der Austausch mit Mietern oder Mitarbeitern — bald noch wichtiger als der Kontakt zum Investor oder Bauherrn. Es sind die Erwartungen der Nutzer, die wir als Bauunternehmen begreifen und umsetzen müssen, damit ein Gebäude funktioniert.
ROOMHERO: Wie verändert sich das Bauen in der Zukunft noch?
Jan-Hendrik Goldbeck: Neue Technologien werden das Bauen wieder günstiger und auch schneller machen. Es gibt viele Dinge, die Computer besser erledigen können. Davor muss niemand Angst haben, denn es geht um reine Prozessschritte. Menschliches wie Kreativität oder Empathie bleibt erhalten, aber die Produktion wird sich zunehmend automatisieren. Auch gedankliche Prozesse wie Architektur oder Ingenieursleistungen verändern sich mit digitaler Technik weiter und werden effizienter.
ROOMHERO: Das sind sehr interessante Aussichten, Herr Goldbeck. Herzlichen Dank für das Gespräch.
Jan-Hendrik Goldbeck ist Geschäftsführer und vertritt die zweite Generation von GOLDBECK.
Das Familienunternehmen hat sich auf den innovativen Systembau von Gewerbeobjekten spezialisiert.