Serielles Bauen

Serielles Bauen ist eine Möglichkeit, um kostenoptimiertes Bauen zu fördern und so mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Nicht nur in deutschen Großstädten wie Hamburg, Berlin oder München ist Wohnraum knapp: Immer mehr Städte und Gemeinden klagen darüber, dass bezahlbare Mietwohnungen fehlen. Maßnahmen wie die      Mietpreisbremse sollen dabei helfen, die Preise für bereits bestehende Wohnungen stabil zu halten. Um möglichst schnell neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist dagegen serielles Bauen von Interesse. Es ermöglicht, beim Bau von Gebäuden viele Kosten zu sparen, wodurch es für Investoren leichter möglich ist, günstige Wohnungen anzubieten und gleichzeitig Gewinne zu machen.  

Definition serielles Bauen  

Es gibt keine einheitliche Begriffsdefinition für „serielles Bauen“ und man kann den Terminus unterschiedlich verwenden: Serielles Bauen kann einerseits ein typologisches Programm sein, bei dem man eine größere Anzahl an Wohnungen auf der Basis gleicher Standards errichtet. Im Vordergrund steht hier nicht die Art der Bauweise, sondern die Quantität der Wohnungen. Andererseits kann serielles Bauen auch eine standardisierte Bauweise beziehungsweise  ein standardisiertes Bauverfahren bezeichnen, bei dem man weitgehend einheitlich gestaltete Wohnungen mit industriell oder seriell vorgefertigten Teilen aus unterschiedlichen Materialien baut.

Grundsätzlich zeichnet sich serielles Bauen also nach beiden Definitionen durch Standardisierung, Wiederholungen und Mengeneffekte aus. Es kann sich auf verschiedene Bereiche des Bauens und auch auf verschiedene Bauphasen beziehen, unter anderem auf Einzelelemente und Bauteile, auf Planungsprozesse, auf die einzelnen Wohnungen und auf das Wohngebäude insgesamt.  

Die Nachfrage nach seriellem Bauen    

Es ist insbesondere die stark gestiegene Nachfrage nach Wohnraum in den Großstadtregionen, die mehr Wohnungen erforderlich macht. Die Wohnungsnachfrage konzentriert sich insbesondere auf das günstigere und mittlere Preissegment, sodass der Kostenfaktor auch beim Bau eine entscheidende Rolle spielt. Das bedeutet, dass dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Baukosten zu senken. Um dies zu erreichen, bietet sich serielles Bauen als Lösung an:  Auf der einen Seite lassen sich so Mengeneffekte erzielen und auf der anderen Seite hilft serielles Bauen im großen Stil dabei, die Kosten pro Wohnung gering zu halten.  

Deshalb haben das Bundesbauministerium und die Wohnungswirtschaft bereits im Jahr 2017 angefangen, vermehrt in serielles Bauen zu investieren. Sie gehen davon aus, dass serielles Bauen es möglich macht, den jährlichen Bedarf an rund 60.000 Mietwohnungen für den freien Wohnungsmarkt und rund 80.000 zusätzliche Mietwohnungen im geförderten Bereich zu decken. Seriell gefertigte Wohnbauten sind so ein wichtiger Beitrag zur Lösung des Wohnraumproblems.

Es gibt aber auch kritische Stimmen, die vor einem Wiederaufleben des Plattenbaus warnen. Damit der serielle Wohnungsbau nicht die „Platte von morgen“ wird, legen Städte, Investoren und Projektentwickler daher großen Wert auf städtebauliche und architektonische Qualität.      

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Quelle: Nikguy/Pixabay      

 

Serielles Bauen – Nutzen und Vorteile    

Elementare Ziele des seriellen Bauens sind  schnelles und nachhaltiges Bauen sowie geringe Kosten bei hoher Qualität. Um diese Merkmale sicherzustellen, gab es einen europaweiter Wettbewerb, in dem neun Teilnehmer den Zuschlag für ihre innovativen, nachhaltigen und hochwertigen  Wohnungsbaukonzepte erhielten. Aus diesen suchen sich die Mitgliedsunternehmen des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) für ihre Bauprojekte ein passendes serielles und modulares Wohnungsbaukonzept aus. Durch die Unterzeichnung einer Rahmenvereinbarung wollen die Bauindustrie, das Bundesbauministerium und Architekten den Bau hochqualitativer Wohnungen zu einem günstigen Preis ebenfalls beschleunigen. Doch serielles Bauen bietet noch weitere Vorteile:      

       
  • Durch die im Zusammenhang mit seriellem Bauen unterzeichnete Rahmenvereinbarung entfallen Teile der Projektausschreibung, der Planung und des Vergabeprozesses, sodass sich die Baustellenzeiten verkürzen, was zu einer zusätzlichen Kostensenkung führt.    
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  • Dank der Modellgebäude, die an vielen Standorten entstehen sollen, lassen sich Bauteile industriell vorfertigen, wodurch sich die Bauzeit zusätzlich verkürzt. Diese Vorgehensweise basiert auf computergestützten Verfahren sowie auf dem Einsatz neuester Herstellungstechniken, Werkstoffe und Maschinen. Dies geht einher mit einer witterungsunabhängigen Produktion der Bauteile sowie mit gleichbleibend guter Qualität und höchster Präzision.    
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  • Die Modellgebäude sind durch die Kooperation der Bauwirtschaft mit Architekten, Fachplanern und Herstellungsbetrieben entstanden. Dabei haben sie viel Wert auf ausreichenden Wohnkomfort, einen hohen Lichteinfall, eine Minimierung der Verkehrsflächen sowie auf eine ansprechende und gestalterisch überzeugende Architektur gelegt. Die Wohnungsgrundrisse sind flächeneffizient und kompakt, sodass der Wohnraum optimal nutzbar ist. Anspruchsvolle Architektur und serielles Bauen schließen sich also nicht gegenseitig aus.    
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  • Im Rahmen einer Serienproduktion lassen sich außerdem behördliche Abstimmungsprozesse optimieren, wobei man auch die Ausführungsplanung standardisieren kann. Großformatige Bauteile verringern beispielsweise den Aufwand für die Planung, sodass insgesamt der Zeitaufwand für die Genehmigungs- und Ausführungsplanung deutlich geringer ausfällt.    
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Serielles Bauen und modulares Bauen    

 

Serielles Bauen steht im Kern für die Abkehr von der Einzelfertigung und den Wandel hin zu einer Serienfertigung nach Prototypen. Das bedeutet aber nicht, dass man komplette Typengebäude in Serie bauen muss. Stattdessen überwiegt hierbei das modulare Bauen. Dabei fertigt man Gebäudemodule, die sich auf Baustellen zu unterschiedlichen Gesamtgebäuden zusammenfügen lassen, industriell und standardisiert vor. Das bedeutet, dass ein Gebäude trotzdem ein Unikat sein kann, selbst wenn man seriell angefertigte Module verbaut. Im Gegensatz zur Modulbauweise erstreckt sich serielles Bauen aber nicht allein auf das Bauverfahren und die Bauweise, sondern auch auf andere Bereiche des Bauprozesses wie die Planung und Koordination, den Transport und die Logistik sowie auf die Produktion.      

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Quelle: stux/Pixabay      

 

Serielles Bauen als neue Form des Plattenbaus?    

 

Ein wichtiges Element des seriellen Bauens ist insbesondere die  Standardisierung von Bauverfahren und Bauweisen. Das bedeutet, dass man gleichbleibende Maße, Typen und Verfahrensweisen festgelegt, zum Beispiel für Einzelelemente und Grundrisse. Eine Standardisierung der Planung geht jedoch nicht zwingend mit einer Standardisierung in der Produktion einher: Selbst wenn man Grundrisse und Module wiederholt, kann es Abweichungen in der Bauweise geben, sodass es nicht zwingend zu stets identischen Ergebnissen kommen muss.

Vielmehr lassen sich mithilfe neuester Technik, zum Beispiel auf Basis computergestützter Planung, Variationen für die Fassadengestaltung und ähnliche Elemente erstellen. Abwechslung bieten auch die verwendeten Materialien und Bauweisen, zum Beispiel Stahl-, Beton- und Hybridbauweise.      

Beim seriellen Bauen differenziert man außerdem zwischen der Bauweise und dem Bauverfahren. So kann man im Zusammenhang mit der Bauweise die Konstruktions- und Bauelemente unterschiedlich anordnen, sodass auch hier Veränderungspotenzial besteht. Beispiele aus Großbritannien und den Niederlanden zeigen, dass serielles Bauen nicht zwangsläufig in sich wiederholende Wohnblocks münden muss, die wie der klassische Plattenbau jegliche Individualität vermissen lassen.

Eine Studie zur IBA Berlin 2020 von zwölf Projekten zeigt ebenfalls, dass die Standardisierung im Wohnungsbau nicht mit Einschränkungen bei der Nutzung und Gestaltung zusammenhängen muss. Durch die verschiedenen Individualisierungsmöglichkeiten und die dafür erforderliche Koordination der beteiligten Gewerke ist serielles Bauen außerdem anspruchsvoller als der sich immer wiederholende Plattenbau der Nachkriegszeit.